Von Michaela Reh, Brunsbüttel
Nicht nur trockene Theorie-Einheiten stehen auf ihrem Stundenplan, sondern auch ganz praktische Übungen: Zum Beispiel lange Schläuche auslegen und wieder einrollen, Hydranten fachgerecht anzapfen. Und was „Wasser marsch“ bedeutet, wissen sie längst: 25 Flüchtlinge besuchen seit Mai einen Grundkursus der Feuerwehr Brunsbüttel.
Gemeindewehr-Chef Bernd Meier hofft, dass dieses Modell landesweit Schule macht. „Vielleicht hilft es ein bisschen, unsere
Nachwuchssorgen in den Griff zu bekommen.“
Flüchtlinge retten die Feuerwehr: Ob diese Strategie aufgeht, weiß natürlich noch keiner. Fest steht aber: Die jungen Männer
aus Afghanistan sind mit viel Engagement bei der Sache, motiviert und sehr wissbegierig. Regelmäßig einmal in der Woche besuchen sie den Unterricht in der Feuerwache Nord. „Sie packen auch sofort
mit an, wenn eine helfende Hand gebraucht wird. Natürlich ist die Verständigung immer wieder ein Problem“, berichtet Bernd Meier von seinen Erfahrungen. Die meisten der neuen Feuerwehrmitglieder
sprechen nur wenig Deutsch. „Zu Anfang hatten wir immer einen Dolmetscher dabei.“ Inzwischen übernimmt einer der Afghanen diese Aufgabe. „Es sind immer ein paar dabei, die schon sehr gut unsere
Sprache verstehen und sprechen.“
Alle Flüchtlinge, die den Kursus absolvieren, mussten in die Brunsbütteler Feuerwehr eintreten. „Das hat
versicherungsrechtliche Gründe“, sagt Bernd Meier. Zu Einsätzen dürfen die Neulinge selbstverständlich noch nicht ausrücken. „Das ist bei Deutschen, die die Grundausbildung machen, aber genauso
geregelt.“
Den Asylbewerbern macht der Unterricht Spaß. „Wir möchten helfen“, sagt Asif Yousufi. Der gelernte Automechaniker ist 22 Jahre
alt und hat gern mit technischen Dingen zu tun. Auch Habubulah Noori freut sich, im kommenden Jahr ein vollwertiger Feuerwehrmann zu sein, der Brände bekämpft. In seiner Heimat Afghanistan
existiert keine vergleichbare Feuerwehr. „Nur in den großen Städten wie Kabul gibt es militärisch organisierte Rettungskräfte, die aber auch bewaffnet sind“, sagt Bernd Meier. In der Bevölkerung
würden sie - im Gegensatz zur deutschen Feuerwehr - kein hohes Ansehen genießen.
Für den speziellen Flüchtlings-Grundkurs haben Bernd Meier und seine Ausbilder-Kollegen mehr Stunden veranschlagt als für
einen gewöhnlichen Lehrgang. „Normalerweise sind es 70 Stunden, hier haben wir zunächst 90 Stunden gerechnet, verteilt über ein Jahr.“ Ob man damit auskommt, werde sich zeigen. „Vermutlich wollen
wir die Ausbildung noch ein bisschen verlängern.“ Wegen der sprachlichen Barrieren würden die Asylbewerber mehr Zeit zum Pauken des theoretischen Stoffes benötigen. Aber die wolle man ihnen auch
zuteil werden lassen.
Sobald die Ausbildung beendet ist, sollen die neuen Kräfte an den Übungsabenden der Feuerwehr teilnehmen und zu Einsätzen
ausrücken. „Natürlich wissen wir nicht, wie viele der Männer, die wir ausbilden, auch wirklich bei uns bleiben. Einige ziehen sicherlich wieder weg. Aber dann können sie ohne Schwierigkeiten die
Feuerwehren in ihrem neuen Wohnort unterstützen“, sagt Bernd Meier.
Die Brunsbütteler Gemeindewehr zählt zurzeit 125 Männer und Frauen - die Flüchtlinge nicht mitgerechnet. Vor allem auf der
Südseite fehlen Kräfte. In den vergangenen Monaten seien allerdings sechs Brunsbütteler in die Wehr eingetreten.
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